Geistlicher Impuls zu Pfingsten

von Gemeindereferentin Marita Kremper

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Lesung: Apostelgeschichte 2,1-11

1 Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. 2 Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. 4 Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.

5 In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. 7 Sie waren fassungslos vor Staunen und sagten: Seht! Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? 8 Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: 9 Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadokien, von Pontus und der Provinz Asien, 10 von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Kyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, 11 Juden und Proselyten, Kreter und Araber – wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.

 

Geistlicher Impuls: Sprachverwirrung – Brücke oder Barriere?

Stellen Sie sich einmal vor, Sie steigen aus dem Zug oder dem Flugzeug aus und stehen inmitten einer Menschenmenge aus aller Welt. Plötzlich beginnt jeder, in einer anderen Sprache zu sprechen, die einen in Englisch, andere in Französisch, die nächsten in Italienisch und wieder andere in Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch, Arabisch und so weiter … eine Sprachverwirrung, die auf den ersten Blick wie ein Chaos wirkt. Doch genau in diesem Chaos offenbart sich eine tiefere Wahrheit unserer Welt: Die Vielfalt der Sprachen wird zum Symbol für die Vielfalt der Menschen und ihrer Kulturen.

In unserer heutigen Gesellschaft erleben wir oft Sprachverwirrung: Missverständnisse, Vorurteile, Kommunikationsbarrieren. Wie schnell geschieht es, dass wir uns gegenseitig missverstehen. Jede/r hat ihre/seine klare Meinung und verteidigt sie auch. „Das ist schließlich mein gutes Recht.“ So denke ich. Doch da beginnt das Bauen der „inneren“ Mauern. Verstehe ich überhaupt, was die/der Andere mir sagen will? Welche Ängste und Befürchtungen sind unterschwellig im Spiel? Wie oft versuchen wir, schneller zu sein, als die/der andere. Wer lauter schreit wird eher gehört. Manchmal sind alte negative Erfahrungen oder Prägungen aus der Kindheit ein Hindernis im Verstehen. Wenn nicht beide wirklich bereit sind hinzuhören oder zuzuhören, entwickelt sich schnell eine Spirale, aus der es schwer ist, wieder heraus zu finden. Ein Wort bewirkt das Andere und am Ende ist nicht mehr zu klären, was eigentlich der Auslöser für die Verwirrung oder den Streit war.

Das Pfingstfest zeigt uns aber, dass aus dieser Verwirrung eine neue Form der Verständigung entstehen kann: eine, die Brücken baut, anstatt Mauern zu errichten. Der Heilige Geist verwandelt die Sprachverwirrung in eine Sprache der Liebe, des Verstehens und der Einheit. Im obigen Lesungstext heißt es: „Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“

Ich frage mich: Wie können wir als Christinnen und Christen in unserer Gesellschaft die Sprachverwirrung nutzen, um Brücken zu bauen? Wie können wir die Vielfalt unserer Sprachen und Kulturen als Geschenk sehen, das uns näher zusammenbringt?

In einem Hochgebet der heiligen Messe über die Versöhnung heißt es: „Wir danken dir, Gott, allmächtiger Vater, und preisen dich für dein Wirken in dieser Welt durch unseren Herrn Jesus Christus: Denn inmitten einer Menschheit, die gespalten und zerrissen ist, erfahren wir, dass du Bereitschaft zur Versöhnung schenkst. Dein Geist bewegt die Herzen, wenn Feinde wieder miteinander sprechen, Gegner sich die Hände reichen und Völker einen Weg zueinander suchen. Dein Werk ist es, wenn der Wille zum Frieden den Streit beendet, Verzeihung den Hass überwindet und Rache der Vergebung weicht.“1

In jeder heiligen Messe und besonders an Pfingsten feiern und erinnern wir uns daran, dass Gottes Geist uns befähigt, trotz aller Unterschiede eine Gemeinschaft zu sein, die durch Liebe und Verständnis verbunden ist. Wir feiern, dass dieser lebenspendende Geist uns selbst, unser Mit- und Füreinander immer wieder erneuern und weiterbringen will, nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Anderen. Beten wir um diesen Heiligen Geist, dass er uns neu erfülle und sende.

Gesegnete Pfingsten!

1Aus: Fünf Hochgebete, Hochgebet zum Thema „Versöhnung“, Herder, Freiburg

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