von Gemeindeassistentin Judith Zehrer
Erste Lesung: Gen 12, 1-4a
In jenen Tagen sprach der Herr zu Abram: „Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen. Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen.“ Da ging Abram, wie der Herr ihm gesagt hatte.
Geistlicher Impuls
Gott schickt Abram fort. Fort aus seinem Land, aus seiner Verwandtschaft und aus seinem Vaterhaus. „Geh, und verlasse alles, was du kennst, was du liebgewonnen hast, was dir gehört, was deine Heimat ist.“ So könnte Gottes Auftrag an Abram auch lauten.
Gott sagt das nicht, um etwas kaputtzumachen, Abram zu Grunde zu richten oder ihm eins auszuwischen. Gott hat eine Idee, einen Plan. Er hat etwas viel Besseres mit Abram vor, etwas, was dieser sich nie hätte träumen lassen.
Und Abram vertraut. Ohne mit der Wimper zu zucken. Er tut, was Gott ihm sagt. Denn Gott schenkt ihm eine Verheißung, eine Berufung, eine Vision. Abram fragt nach keiner Begründung. Er sieht nach vorn, nicht zurück.
Gott schickt uns fort. Fort aus unserem Vaterhaus, fort aus dem, was wir liebgewonnen haben, was uns gehört, was unsere Heimat ist. Er schickt uns fort aus der Kirche, wie wir sie kennen. Warum?
Blicken wir zurück, um zu verstehen. Wer sich mit Kirchen- und Organisationsentwicklung beschäftigt, wird feststellen, dass die Kirche, wie wir sie kennen, ihre Funktionstüchtigkeit langsam, aber sicher verliert. Sehr deutlich zeigt es das Lebenszyklus-Modell von Martin F. Saarinen: Demnach beginnt jede Organisation mit einer gemeinsamen Vision. Dann folgen engagierte Teilnehmer, die der Vision dienen. Mit der wachsenden Anzahl an Teilnehmern folgt ein Programm und schließlich eine Verwaltung. Alles im Dienste der Vision. Die Organisation hat ihren Höhepunkt erreicht. Wenn man an diesem Punkt nicht aufpasst, verliert man schnell die gemeinsame Vision aus dem Blick und es geht bergab. Ohne die Vision bleiben auch die Teilnehmer weg. Schließlich bleiben nur noch Programm und Verwaltung und letztendlich nur noch die Verwaltung übrig. Das Leben dieser Organisation geht zu Ende. Für unsere altbekannte Form von Kirche ist dieser Punkt erreicht, meine ich.
Gott schickt uns nicht fort, um etwas kaputtzumachen, uns zu Grunde zu richten oder um uns eins auszuwischen. Gott hat eine Idee, einen Plan. Er hat etwas viel Besseres mit uns vor, etwas, was wir uns nie hätten träumen lassen.
Gott hat eine Idee von Kirche, eine grandiose Idee! Er hat etwas mit uns vor, etwas noch Besseres, etwas noch Größeres, etwas noch Schöneres, als das, was wir bisher kennen.
Also, träumen wir! Was ist Ihre Vision von Kirche? Was ist Gottes Vision von Kirche? Was kommt Ihnen in den Sinn? Lassen Sie sich dabei von nichts begrenzen. Für Gott gibt es keine Grenzen! Wie kann Kirche sein? Und was braucht es für diese Kirche?
Gott schickt uns fort, in unbekanntes Gebiet. Warum? Er schenkt uns eine Verheißung, eine Berufung, eine Vision. Wir können viel mehr sein, als das, was wir bisher gewesen sind. Wir sollen ein Segen sein! Für die ganze Menschheit, für die ganze Erde!
Die Bibel ist voll von Verheißungen. Hat Gott jemals eine davon nicht erfüllt?
Beginnen wir wie Petrus. Er sitzt im Boot mit den Jüngern und sie haben Gegenwind. Sie haben Angst. Jesus kommt über das Wasser und spricht: „Habt Vertrauen!“ Er sagt zu Petrus: „Komm!“ Und Petrus steigt aus dem Boot und geht über das Wasser. Er bekommt Angst und beginnt unterzugehen. Jesus rettet ihn und fragt: „Warum hast du gezweifelt?“ (vgl. Mt 14, 22 ff).
Wagen wir den Schritt ins Unbekannte. Lassen wir uns rufen. Lassen wir uns immer wieder auffangen. Das Land der Verheißung kommt mit jedem Schritt ein Stück näher. Gehen wir dahin, wo Gott schon ist.