Impuls zum 33. Sonntag im Jahreskreis 2022

von Gemeindeassistentin Judith Zehrer

Ruine der ehemaligen Zisterzienserabtei Eldena bei Greifswald. Foto: Marco Barnebeck / pixelio.de

Evangelium: Lukas 21,5-19

In jener Zeit,

5 als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schön bearbeiteten Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus:

6 Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird.

7 Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen und was ist das Zeichen, dass dies geschehen soll?

8 Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach!

9 Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort.

10 Dann sagte er zu ihnen: Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben.

11 Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen.

12 Aber bevor das alles geschieht, wird man Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen.

13 Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können.

14 Nehmt euch also zu Herzen, nicht schon im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen;

15 denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, sodass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können.

16 Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten.

17 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden.

18 Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden.

19 Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.

 

Impuls

Puh! Ganz schön schwieriger Text …

Das war das erste, was ich dachte, nachdem ich die Lesungen und das Evangelium von diesem Sonntag durchgeschaut hatte.

„Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird.“

Gerade heute Morgen war ich noch in unserer Kirche in Bad Oldesloe und habe die Masse an Steinen bewundert, die viele Hände vor Jahren sorgsam aufeinander geschichtet haben müssen.

Wir wissen, dass uns der Abriss einiger Kirchen im Erzbistum bevorsteht. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich es verstehen und akzeptieren. Es werden diese Tage kommen und auch wenn es traurig und unglaublich scheint, ganz ehrlich: Was hängen wir so an Mauern und Steinen? Gott hat lange Jahre im Zelt gewohnt. Er wird mit den Kirchen nicht kaputtgehen. Und jede wahre Gemeinschaft findet einen Ort, um sich zu versammeln, selbst in Zeiten der Verfolgung hat das geklappt. Und wenn wir durch das Fallen der Steine dem Herrn näherkommen, dann immer her damit!

„Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach!“

Lauft nicht wahllos irgendwem hinterher! Das Schlimmste ist: dem Alltagstrott zu verfallen und Traditionen ungefragt zu übernehmen. Auch in der Kirche übernehmen wir vieles ungefragt und halten an gedanklichen Modellen fest, die längst überholt sind. All der Prunk, all das Geschmücke, die (in meinen Augen oft ungerechte) Hierarchie, all das, was so hochtrabend und doch so fern vom Menschen und seiner Realität ist: Lasst es uns aufgeben und nach dem wahren Kern der Botschaft Jesu suchen! In unseren Herzen! Lasst uns hineinhorchen, die Wahrheit spüren und dafür einstehen.

„… denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so dass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können.“

Vom Schrei nach Gerechtigkeit und dem Wiedergutmachen der Ungerechtigkeit lesen wir oft in der Bibel. Auf mich wirkt das häufig sehr schroff, gerade wenn die Gegner im Feuer verbrennen müssen. Wenn mir aber etwas Ungerechtes widerfährt, dann ist genau diese Gewissheit, dass Gott alles richten wird, lebensspendend, ja, geradezu überlebenswichtig. Ohne diese Gewissheit und ihre ständige Bestärkung würde vermutlich jeder Mensch irgendwann aufgeben und verzweifeln. Ohne diese hoffnungsfrohe Botschaft hätten die Christen vermutlich früh das Handtuch geworfen.

Und das Beruhigende ist, dass der neutestamentliche Text sich von jeglichen Vergeltungsmaßnahmen fernhält. Wo bei Maleachi (Mal 3,19-20b) noch die Überheblichen und Frevler im Feuer verbrennen, ist bei Lukas lediglich von Gegnern die Rede, die keine Worte finden.

Es geht hier um die, die an Gott glauben, um deren Ermutigung und Bestärkung in dem, was sie im Namen Jesu sagen und tun, auch wenn alles und alle gegen sie sprechen. Gott geht es weder um die Vernichtung der „Bösen“ noch um Vergeltung. Ihm geht es um Gerechtigkeit und Wahrheit. Und die wird immer siegen. Darauf können wir uns verlassen.

„Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.“

Gott spricht zu uns und leitet uns. Und wenn wir seine Liebe weitergeben und seine Wahrheit verkünden, werden wir immer gewinnen. Trauen wir uns, für unseren Glauben einzustehen, um die Kirche, die Gemeinschaft Christi wiederzufinden.

Ich glaube, es tut gut, ab und zu mal neu anzufangen, in und mit Kirche. Gott liebt Neuanfänge. Zumindest ist die Bibel voll davon. Ein Zusammenbruch bietet soviel Neues, so viele Chancen. Lassen wir sie nicht tatenlos vorüberziehen!

Sei also ehrlich zu dir selbst: ist das, was du tust, gut und gerecht? Fußt es auf Jesu Botschaft an dich, die da lautet:

Liebe! Ohne Ausnahme! Ehrlich und bedingungslos! Liebe nicht nur die Menschen, sondern die komplette Schöpfung, die Gott dir anvertraut hat! Stecke an mit deiner Liebe!

Wenn ja, dann gewinnst du das Leben in Fülle! Wenn nicht, kehr um und ändere dich!

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