von Pastor Stefan Krinke
Eine große Bandbreite an Themen enthalten die biblischen Texte am heutigen Sonntag! Der Blick bzw. das Hören geht von der Suche nach einer tüchtigen Frau, auf die der Mann vertraut, über den Tag des Herrn, der wie ein Dieb in der Nacht kommt und dem wir wach und nüchtern entgegenleben dürfen, bis hin zum Gleichnis Jesu über das Himmelreich, dass mein Verhalten im Hier und Jetzt herausfordert. Zusammengedacht sind all das für mich verschiedene Perspektiven auf das Leben, zu denen dann auch noch meine je eigenen Sichtweisen kommen. Das macht das Leben bunt – und das Himmelreich sowieso.
Allerdings suggeriert mir das gehörte Gleichnis Jesu, dass über allem ein „Unternehmer-Gott“ stehen soll. Sollen wir uns Gott wirklich so vorstellen wie jenen eiskalt berechnenden Unternehmer aus dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten? Der lässt seine Untergebenen für sich arbeiten und beurteilt sie dann nach ihrer Geschäftstüchtigkeit. Wer keinen Gewinn erwirtschaften konnte, dem wird knallhart gekündigt – obwohl er doch das anvertraute Geld keineswegs veruntreut, sondern sorgfältig aufbewahrt hat.
Einer der Knechte hat Angst. Und er sagt auch wovor, nämlich vor der Strenge – im griechischen heißt es Härte – des Herrn. In der Antwort des als böse und faul bezeichneten Knechtes schwingt bei aller Angst auch eine Spur trotziger Kritik mit, im Sinne von: „Ich weiß, dass du nur auf Geld aus bist. Dir ist es egal, wie du darankommst. Hier hast du das Deine zurück – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Immerhin habe ich darauf geachtet, dass es dir nicht verloren geht.“
Es ist nicht das einzige Gleichnis, in dem Jesus sozusagen einen Preis für das Himmelreich benennt: nämlich den Einsatz von allem, was einem zur Verfügung steht. Immer geht es um die Hingabe des ganzen Lebens. Dabei, so scheint es, kann man nur einen Fehler machen: sein Leben nicht zu riskieren. So ist meine Deutung des Gleichnisses: Der Knecht, der sein Talent vergräbt, entzieht sich dem Leben. Er begräbt sich im Grunde selbst. Seine Angst wird zu seinem Grab. Es stellt sich die Frage, damals wie heute: Gibt es einen Weg, die Angst zu besiegen? Wir alle haben doch Ängste, manche mehr, andere weniger. Für mich ist und bleibt ein Weg, die Angst zu besiegen, den Blick zu weiten, den Horizont zu vergrößern. Jesus versucht es mit dem Gleichnis, in dem es doch um das Leben im Hier und Jetzt geht.
Wir wissen: Man kann das Leben nicht so zurückgeben, wie man es empfangen hat. Es gibt kein unangetastetes Leben. Wir wissen auch: im Grab bringt es keine Zinsen und trägt keine Frucht. Gewiss wird so manche „Lebensfrucht“ bitter schmecken, und auf so manche Lebenszinsen muss ich mitunter lange warten. Aber das Gleichnis weiß, dass alles, was ein Mensch sich zu leben traut, in die Fülle münden wird.
Ich lade sie ein: Vergraben wir nicht die uns geschenkten Talente! Entziehen wir uns nicht dem Leben! Denn Gott ist kein berechnender Unternehmer, vielleicht trägt er eher die Züge einer tüchtigen Frau. Auf alle Fälle aber ist er ein Freund des Lebens.
Amen.