von Pfr. Christoph Scieszka
Liebe Schwestern und Brüder!
Abgemagert, zusammengeschrumpft ist er, mein Abreiß-Kalender, der mich durch das Jahr 2021 begleitet hat. Die Zeit verrinnt, so beginnt der Spruch auf diesem letzten Blatt. Ja, das wird uns zum Jahreswechsel in besonderer Weise bewusst. „Schon wieder ein Jahr rum“, sagen wir. Die Zeit scheint immer schneller zu vergehen, je älter man wird.
Für uns Menschen hat die Zeit eine besondere Bedeutung, weil wir eben vergänglich sind. Gerade wir Mitteleuropäer haben die Zeit eingeteilt bis auf hundertstel Sekunden. Andere Völker nehmen es nicht ganz so genau. Aber wir messen fast alles nach der Zeit. Wie viel Zeit verwende ich wofür? Das ist die Grundfrage. Ich habe keine Zeit, das ist dann die Kehrseite der Medaille.
Ein neues Jahr mit viel Zeit liegt vor uns. Ich denke, entscheidend ist nicht, dass wir möglichst viele Aktivitäten in diese Zeit hineinpacken. Entscheidend ist auch nicht, zu rechnen und aufzulisten, wie viel Zeit wir wofür und für wen verwenden, z.B. wie lange Sie mit Ihren Kindern spielen, wie oft Sie sich mit Freunden treffen oder auch wie viel Zeit Sie für das Gebet verwenden. Entscheidend ist, dass Sie das, was Sie tun, mit Liebe tun. Man kann nicht lieben, ohne zu schenken. Und dann spüren wir auch schon hier einen Hauch von Ewigkeit. Wir spüren, dass die Zeit keine Rolle mehr spielt, sondern dass der Augenblick zählt.
Vom russischen Schriftsteller Leo Tolstoi stammt die Erzählung „Die drei Fragen“. Es geht um einen König, der dachte, nichts könne ihm missglücken, wenn er nur immer die Zeit wüsste, in der er ein Werk zu beginnen habe; und wenn er immer wüsste, mit welchen Menschen er sich einlassen solle und mit welchen nicht; und wenn er immer wüsste, welches von allen Werken das Wichtigste sei. Ein weiser Einsiedler antwortete auf die Fragen des Königs so:
„Merke dir: Die wichtigste Zeit ist nur eine, nämlich der Augenblick. Nur über ihn haben wir Gewalt. Der wichtigste Mensch ist der, mit dem uns der Augenblick zusammen führt. Und das wichtigste Werk ist es, ihm Gutes zu erweisen – denn nur dazu wurde der Mensch ins Leben gesandt.“
Von Herzen danke ich allen, die auch im vergangenen Jahr den Menschen in unserer Pfarrei und darüber hinaus Gutes erwiesen haben. Ich danke für alle Zeit und alle Liebe, mit der die unzähligen Dienste durchgeführt wurden. Ihnen allen wünsche ich ein gutes, gesundes und gesegnetes neues Jahr. Möge die Liebe Gottes Sie durch die Zeit begleiten!