Geistlicher Impuls: „Zwischen den Jahren“

von Marita Kremper

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Zwischen den Jahren

Diese Zeit zwischen den Jahren ist mir sehr lieb geworden. Es ist ruhiger, die Anforderungen im Beruf sind etwas geringer, es sind weniger Termine und auch die Telefonate sind reduziert. Viele Menschen nehmen Urlaub. Ich freue mich jedes Jahr auf dieses „Dazwischen“. Das alte Jahr ist noch nicht zu Ende und es bleiben nach Weihnachten ein paar Tage, um es ausklingen zu lassen. Es bleibt eine kurze Zeit zum „Runterfahren“ und ruhiger werden. Dafür bin ich dankbar.

In dieser Zeit „dazwischen“ kann ich mich gut auf das Neue und Kommende einstellen. Ich beschreibe den neuen Kalender mit wichtigen Geburtstagen, trage die Abfalltermine ein, welche besonderen Feste stehen an? Kann ich schon Zeiten für Urlaub oder anderes vorplanen? Wann stehen Gemeindetermine an? Wo und wann werde ich mich engagieren? Wo trete ich einen Schritt zurück? In all dem spüre ich, dass Gott es gut mit mir meint.

Viele Menschen sind beunruhigt, weil die Zukunft nicht mehr sicher planbar ist. Der Krieg in der Ukraine hat seit dem 24. Februar 2022 so vieles verändert. Die beiden Jahre vorher war Corona die große Bedrohung. Jetzt sind die Energieversorgung und die damit im Zusammenhang stehenden Preissteigerungen eine neue Belastung. Nichts scheint mehr sicher zu sein.

Wie schauen Sie auf das neue Jahr? Was beschäftigt Sie? Was bereitet Ihnen Sorge oder was bedroht Sie?

In dem Gedicht „Von guten Mächten“ von Dietrich Bonhoeffer wird das gute Vergangene ebenso genannt wie das Neue, auf das wir im Neuen Jahr zugehen werden. Aus seiner Haft schrieb er am 19. Dezember 1944 an seine junge Verlobte Maria von Wedemeyer und fügte dem Brief „ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen“ als „Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister“ an. In seinem Brief schreibt er: „Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen. So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du und die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, Ihr seid mir immer ganz gegenwärtig. Eure Gebete und guten Gedanken, Bibelworte, längst vergangene Gespräche, Musikstücke, Bücher bekommen Leben und Wirklichkeit wie nie zuvor. Es ist ein großes unsichtbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie, die mich decken, zweie, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder“ (zitiert nach wikipedia.org).

In allem ist Gott bei uns und umgibt uns mit diesen „guten Mächten“. Und so besingt der Inhaftierte außerdem die Kerzen, die Gott in unsere Dunkelheit gebracht hat. Vielleicht kann das auch Ihnen und mir helfen, diesen guten Mächten zu vertrauen. Vielleicht sind es Menschen, die für Sie leuchten und Ihnen zum Licht geworden sind. Vielleicht ist es der Austausch mit lieben Freunden, der das Leben bereichert. Vielleicht sind Sie auch selbst zum Licht für andere geworden oder werden es im kommenden Jahr.

Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir darauf vertrauen, dass dieser Gott, der in einem armen Stall als kleines Kind uns Menschen nahe gekommen, immer da ist und uns mit „guten Mächten“ umgibt. In dieser Gewissheit lassen sich Aufgaben und Probleme anders angehen und lösen als mit Angst und Sorge. Ich wünsche Ihnen einen guten Übergang in das Neue Jahr 2023 und Gottes Segen für alle Tage des Jahres.

Das Gedicht „Von guten Mächten“ wurde u.a. von Siegfried Fietz vertont. Sie können es – gesungen und gespielt vom Komponisten – hier anhören:

Im Gotteslob ist das Lied unter der Nummer 858 zu finden. Der Text lautet wie folgt:

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

[Refrain] Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Noch will das Alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehme wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und still die Kerzen heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

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