Impuls zum 30. Sonntag im Jahreskreis C

von Pastor Gabor Kant

Moin!

Der Eingangsvers zur Heiligen Messe an diesem Sonntag ist eine hoffnungsvolle Aufforderung aus Psalm 105:

Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen.
Sucht den Herrn und seine Macht, sucht sein Antlitz allezeit.

Wenn wir suchen, einen Menschen näher kennenzulernen, geschieht dies im Dialog, wir sprechen miteinander, suchen Nähe und danken für alles, was wir durch diesen Menschen erfahren dürfen. Wir wollen ihn immer besser verstehen. Wir nehmen Anteil, wenn er leidet und teilen mit ihm seine Freude.

Unsere Suche nach Gott geschieht auf ganz ähnliche Weise, auch wenn sie eine größere Dimension hat. Ist sie doch zugleich die Suche nach unserer Existenz, nach dem Woher und dem Wohin, nach dem Sinn unseres Daseins!

Und das tun wir alles auf unsere eigene Weise, denn eine Beziehung ist immer etwas Einzigartiges, etwas ganz Individuelles. Sie ist weder von jemandem zu beurteilen und zu werten, noch sind wir in dieser Suche nach Beziehung zu Gott jemandem Rechenschaft pflichtig.

Das wesentliche Fundament all dessen ist Freude! So fordert es der Psalmist, wie wir gelesen haben. Der tiefe Sinn all unseres Tuns ist, Gott zu loben und zu ehren, so Ignatius von Loyola.Ad maiorem Dei gloriam“ ist der Wahlspruch des Jesuitenordens.

In Freude alles zur höheren Ehre Gottes zu tun, ist also unsere christliche Dimension. Das geschieht in jedem Lebensbereich, im Dienst am Nächsten, im Teilen von Trauer und Schmerz mit anderen, im gemeinsamen Feiern und im Gebet. Ich möchte mit Ihnen einige Gedanken des großen Theologen Romano Guardini zum Gebet und seiner Form teilen (siehe unten). Sie eröffnen eine schöne Sichtweise des Betens und regen zum Nachdenken an.

Ich grüße Sie herzlich und wünsche Ihnen eine segensreiche Woche!

Pastor Gabor Kant

 

Die Haltung beim Gebet

aus dem Buch „Vorschule des Betens“
von Romano Guardini († 1968)

Die alte Zeit hat gewusst, dass Haltung und Gebärde nichts Äußerliches sind. Sie können dazu werden, dann sind sie aber bereits verdorben. In Wahrheit reicht eine Gebärde von der Hand bis ins Herz zurück, und die Haltung des Körpers wurzelt im Innersten der Gesinnung. Haltung und Gebärde drücken aus, was im Innern lebt, was das Herz fühlt, und der Sinn meint – sie wirken aber auch in dieses Innere hinein, geben ihm Halt, formen und erziehen es. So ist es nicht gleichgültig, in welcher Stellung man betet. Wenn nicht irgendein Grund zwingt, kann man es in jeder Weise tun; hat man aber Freiheit, dann soll es in einer Weise geschehen, welche die Gott geschuldete Ehrerbietung ausdrückt, denn nicht nur die Seele, sondern der ganze Mensch soll beten. Diese Haltung hilft dann ihrerseits dem Innern, ehrfürchtig und gesammelt zu sein. Hier muss jeder sehen, was für ihn gut ist. 
Die wichtigste Haltung des Betens wird immer noch das Knien sein. Es drückt die Ehrfurcht vor Dem aus, welcher der Heilige und Herr ist, und bringt das Innerste in Ernst und Bereitschaft. Allerdings muss man auch wirklich knien, nicht halb liegen. Es ist eine Haltung der Zucht, nicht der Bequemlichkeit, und die paar Minuten wird man sie schon durchführen können. Als Maßstab der Wahrheit braucht man sich nur zu fragen, was man sich wohl im Erwerbsleben oder beim Sport zumuten würde.

Eine schöne Gebetshaltung ist ferner das Stehen. Die christliche Frühzeit liebte sie sehr, dann hat sie sich verloren. Es wäre aber gut, sie neu zu entdecken, denn sie hat etwas Freies und Aufrechtes, drückt Bereitschaft und zugleich Würde aus. So kann sie unter Umständen helfen, über bedrückte oder dumpfe Augenblicke hinwegzukommen. Auch wenn man nichts zu sagen weiß und doch seinen guten Willen ausdrücken möchte, kann sie gut sein. Sie spricht dann wenigstens: „hier bin ich vor Dir“ – oder auch nur: „hier stehe ich vor Ihm“.

Das Sitzen bildet ebenfalls eine echte Gebetshaltung; allerdings das richtige, welches aufrecht und zusammengenommen ist. Es eignet sich besonders für die Betrachtung oder für ein stilles Weilen bei Gott. 
Ebenso wichtig wie alle genannten Haltungen ist aber auch ihre Gegenform, nämlich jene, die rein innerlich bleibt und mitten unter den Leuten, auf der Straße, im Beruf, im geselligen Verkehr vollzogen werden kann, ohne dass einer sie wahrnimmt. Und es ist etwas sehr Schönes und Tiefes, wenn der Christ so das heilige Gott-Gegenüber in die Welt und unter die Menschen trägt. Er darf nur kein Wesen daraus machen, weder anderen noch sich selbst gegenüber. 
Das gilt überhaupt für alles, wovon hier gesprochen worden ist. Wenn das Gebetsleben verwildert und seine Form zerfällt, ist das schlimm – ebenso schlimm sind aber Ordnung und Formen, wenn man ein unnatürliches Wesen daraus macht.

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