Geschichtlicher Rückblick auf mehr als 50 Jahre St. Marien Reinfeld
Am 5. September 1965, wurde die katholische St. Marien-Kirche in Reinfeld eingeweiht. Für die Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde war damit ein fast vierhundert Jahre langer Verzicht auf ein eigenes Gotteshaus zu Ende gegangen.
Denn von der Gründung des Reinfelder Zisterzienserklosters durch die Mönche aus Loccum, im Jahr 1186 bis zur Auflösung des Klosters am Karfreitag, dem 12. April 1582, durch die Übergabe an den Abgesandten des dänischen Königs Friedrich 11., hatte es in Reinfeld immerhin für fast 400 Jahre ein katholisches Gotteshaus gegeben.
Die Katholiken von Bad Oldesloe und Reinfeld gehörten im 19. Jahrhundert der Kirchengemeinde Altona an, wobei sie sich aufgrund der Nähe zu Lübeck dieser Pfarrei angeschlossen fühlten. Zu dieser Zeit gab es in Holstein nur drei Städte mit einem katholischen Pfarrer: Altona, Glückstadt, und Kiel.
Taufen oder Beerdigungen katholischer Gemeindemitglieder durch Pastoren aus Lübeck wurden erst nach und nach in Bad Oldesloe toleriert.
Von 1865 bis 1885 oblag die seelsorgerische Betreuung katholischer Gläubiger aus dem Bereich Bad Oldesloe und Reinfeld dem jeweiligen in Hamburg angestellten Missionsvikar.
Die Gottesdienste wurden dann ab November 1865 in einem zunächst für drei Jahre gemieteten, dann am 16. Oktober 1869 käuflich erworbenen Gartenlokal an der Trave in Bad Oldesloe gefeiert.
Ab 1885 wurden die Bad Oldesloer und damit auch die Reinfelder Katholiken von Lübeck aus „pastoriert“, obwohl sie mehrfach Gesuche an den Bischof für einen eigenen Geistlichen gerichtet hatten. Alle vier Wochen wurden zwei Heilige Messen und eine Nachmittagsandacht, sowie wöchentlich Religionsunterricht für Kinder abgehalten. An den übrigen Sonntagen feierte man Laiengottesdienste.
Weihnachten, Ostern und Pfingsten kamen jeweils für acht Tage Jesuitenpatres aus Ordrup bei Kopenhagen. Sie besuchten die Gemeindemitglieder und hielten Gottesdienste.
Zu Beginn des 20 Jahrhunderts war die Situation für die Reinfelder Katholiken sehr belastend geworden. Jahrelang beschränkte man sich auf ein kleines Kapellenzimmer, das bei Frau Rosemann als Litugieraum zur Verfügung stand. Dieses Kapellenzimmer faßte 25 bis 30 Personen, die jedoch mangels Platz nicht mehr knien konnten.
In einem Seelsorgebericht über den Bezirk Reinfeld beschreibt der damalige Kaplan Heinz-Joachim Justus im April 1956 die Situation so:
„Seit mehr als 30 Jahren ist in Reinfeld von Bad Oldesloe aus Stationsgottesdienst gehalten worden. Seit etwa 15 Jahren gehört dem Bischöflichen Stuhl von Osnabrück durch eine Schenkung ein Haus mitten in der Stadt, in bester Lage, in dem seither eine Zimmerkapelle eingerichtet ist, die etwa 25 bis 30 Personen im äußersten Falle fassen kann. Sonntags können wir 14tägig in der evangelischen Kirche für die Reinfelder Katholiken eine Heilige Messe feiern, die von 80 bis 100 Gläubigen besucht wird; an hohen Feiertagen haben wir auch schon bis 120 Gottesdienstbesucher gehabt.“ Und an anderer Stelle heißt es diesem Bericht: „ . . . ohne Zweifel würde das ganze religiöse Leben in Reinfeld ein anderes Gesicht bekommen, wenn die dortige Gemeinde wieder in einem katholischen Gotteshaus eine religiöse Heimat finden dürfte. Für dieses Vorhaben sind die Voraussetzungen an sich besonders günstig. Dem Bischöflichen Stuhl gehört in bester Lage in Stadtmitte ein Grundstück, das mit einem Haus bebaut ist und daneben noch gut Raum für eine kleine Kapelle bietet. Zur Zeit ist dort eine Baulücke, auf deren Schließung die Stadtverwaltung schon mehrfach gedrungen hat. Nach Vollendung der Kirche wird es möglich sein, die Gläubigen der Gottesdienststation Zarpen und auch die meisten anderen Dörfer durch einen Zubringerbus an die Gottesdienste in die neue Kirche zu verbringen.“
Gegen Ende der 40er Jahre feierte man die Sonntagsmesse in der alten Reinfelder Turnhalle, da der kleine Kapellenraum nur noch für den Werktagsgottesdienst groß genug war.
Ab 1948 wurde für die Sonntagsliturgie die evangelische Kirche zur Verfügung gestellt. Etwa zur gleichen Zeit begann die katholische Gemeinde für einen eigenen Kirchenneubau zu sammeln.
Aber es gingen weitere Jahre ins Land, bevor das Bauvorhaben voran getrieben werden konnte. Mittlerweile war die Zahl der Reinfelder Katholiken auf 300 angestiegen.
Der Bezirk Reinfeld umfasste damals 20 Dörfer mit insgesamt 526 Katholiken, wovon 269 aus der Stadt Reinfeld kamen.
Im August 1962 wurde Pastor Matthias Heilker Seelsorge in Bad Oldesloe. Eine seiner ersten Vorhaben war der Bau der geplanten Reinfelder Kirche. Auf dem Weg dahin wurde ein Grundstückstausch vorgenommen, wodurch das im bischöflichen Besitz befindliche Grundstück in der Stadtmitte gegen ein Grundstück am Bischofsteicher Weg erworben wurde.
Es kamen beträchtliche Spenden zusammen; über 12.000 DM wurden von 150 Spendern gezeichnet. Damals kostete ein VW-Käfer ca. 3000 DM.
So konnte am 11. April 1964 der Grundstein für St. Marien am Bischofsteicher Weg gelegt werden. Im Rahmen der feierlichen Grundsteinlegung segnete der damalige Dechant des Dekanats Lübeck, Probst Paul Biedendieck, die Stelle, an der der Altar stehen sollte und weihte den Grundstein.
Der Plan des Hamburger Architekten Karlheinz Bargholz sah einen quadratischen Grundriss und ein diagonal verlaufendes Satteldach vor. Ein kleiner Anbau sollte die Sakristei und einen Versammlungsraum aufnehmen. Nach zweijähriger Bauzeit vollzog Weihbischof Johannes von Rudlofi aus Hamburg am 5. September 1965 die Kirchweihe und Konsekration des Altares.
Im Anschluss daran wurde in St. Marien die erste Heilige Messe gefeiert.
Nicht von ungefähr wählten die Reinfelder die Gottesmutter Maria zur Patronin ihrer Kirche. Die Marienverehrung hat im Raum Reinfeld eine alte Tradition, die auf die Zisterziensermönche zurückgeht. Hinweise finden sich z.B. auch in Heidekamp, wo es heute noch einen „Marienhof“ gibt, der bis in die Zeit der Klostergründung in Reinfeld nachgewiesen ist.
Auch die in den September fallenden Marienfeste des Katholischen Heiligenkalenders haben die Namensgebung mitbestimmt:
So ist am
08. September das Fest der Geburt Mariens
12. September Mariä Namen
15. September das Gedenken der Sieben Schmerzen Mariens
Die Kirche ist als ein moderner Bau im Stil der 60er Jahre errichtet. Ihre Fertigstellung fällt mitten in das Zweite Vatikanische Konzil, dessen liturgische Grundgedanken bereits eingeflossen sind:
Der Altar steht als „Tisch des Brotes“ frei in der Mitte des Altarraumes, der Ambo als Ort der Verkündigung symbolisiert den „Tisch des Wortes“, die leichte Schrägstellung der Bänke betont die Gemeinschaft der Gläubigen mit Christus und untereinander die um den Altar versammelt sind.
Die der Straße zugewandte Front der Kirche wurde mit einem Betonrelief geschmückt. Der Künstler stellt Pflanzen dar, die sich gegenseitig bedrängen, sich Sonne, Luft und Lebensraum streitig machen. Ihr totaler Egoismus führt sie über kurz oder lang in die totale Vernichtung. Dieses Chaos bedarf der Ordnung. Gott ist dieses Ordnungsprinzip. Folgen wir dieser Ordnung, so werden wir leben.
Während der Renovierung der Matthias-Claudius-Kirche konnte die evangelische Gemeinde unsere Kirche für Ihre Gottesdienste nutzen.
Gemeinsam mit der evangelischen Kirche ziehen unsere Sternsinger von unserer Kirche los.
Wir Mitglieder unserer Gemeinde haben den Gemeinderaum im letzten Jahr liebevoll renoviert und gemeinsam etwas freundlicher gestaltet.
Auch weil wir uns verpflichtet sehen, denn die Errichtung des Gotteshauses war nur mit großen Opfern der Gemeinde möglich. Die Gemeindemitglieder haben eine große gemeinsame Leistung erbracht, der wir alle verpflichtet sind.
Auch der Bischof von Osnabrück und der Bonifatiusverein von Paderborn haben einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung geleistet.