von Pfr. Christoph Scieszka
Evangelium: Mt 15,21-28
In jener Zeit
21 zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.
22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.
23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her!
24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.
25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!
26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.
27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.
28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder,
würden wir Jesus und die Apostel im Evangelium begleiten, dann würden wir in den heutigen Libanon kommen. Wie menschlich: Jesus braucht etwas Abstand vom Alltag. So viele Begegnungen, so viele Belehrungen, so viele Themen, manche davon bestimmt nicht einfach …
Doch die Hoffnung, wirklich Ruhe zu finden, trügt: Auch hier taucht eine einheimische heidnische Frau auf, die von Jesus gehört hat. Sie ruft ihm mit lauter Stimme zu: „Sohn Davids“. Diese Frau spricht ihn als den schon lange im Reich der Juden erwarteten Messias an – und sie hat sogleich eine ganz konkrete Bitte: „Meine Tochter ist schwer krank, bitte hilf ihr.“
Jesus reagiert in diesem Augenblick so, wie wir ihn auch in unserem Leben oft erleben: Er gibt keine sofortige Antwort. Aber verzweifeln wir deshalb? Oder versuchen wir es noch einmal? Wir haben oft gehört, dass Jesus Menschen geholfen hat. Deshalb ist es gut, wenn auch wir einen weiteren Versuch unternehmen und sagen: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ Doch Jesus antwortet wieder nicht.
Die Jünger finden die Situation untragbar. Die Frau schreit hinter den jüdischen Männern her und verfolgt sie auf Schritt und Tritt. Es scheint für sie unerträglich zu sein, denn einer ruft: „Erfülle doch ihre Bitte und schick sie weg, damit sie nicht weiter lästig ist!“ Doch Jesus weicht aus: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen von Israel gesandt.“ Da wirft sich diese Frau vor Jesus auf den Boden: „Herr, hilf mir!“ Sie schämt sich nicht und sucht mit Leidenschaft die Begegnung mit Jesus.
Mich beschäftigt diese Haltung und die Frage: Wie gehe ich mit meiner Not und mit meinem Gespräch mit Jesus um? Habe ich etwas von dieser Leidenschaft, von diesem starken Glauben und Vertrauen?
Aber Jesus stößt sie vor den Kopf, indem er sagt: „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen!“ Eine Frechheit! Eine Beleidigung! Trotzdem scheint die Frau gespürt zu haben, dass diese harten Worte nicht das letzte Wort sind. Sie antwortet: „Es stimmt ja, Herr, aber immerhin fressen die Hunde die Brotkrumen, die vom Tisch ihres Herrn herunterfallen“. Da gibt sich Jesus geschlagen und antwortet: „Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, das soll geschehen!“
Schauen wir nun auf uns, auf unsere Probleme, unsere Anliegen: Wie steht es um unsere Ausdauer, unsere Leidenschaft, unseren Glauben, unser Vertrauen? „Ja, Herr, ich weiß – du kannst mir helfen.“
Amen.