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Geistlicher Impuls zum 8. Sonntag im Jahreskreis

von Gemeinderefentin Marita Kremper

Foto: Pixabay

1. Lesung: Sir 27, 4-7

4 Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; / so entdeckt man den Unrat eines Menschen in seinem Denken. 5 Der Brennofen prüft Töpferware / und die Erprobung des Menschen geschieht in der Auseinandersetzung mit ihm. 6 Den guten Boden eines Baumes bringt seine Frucht zum Vorschein; / so das Wort die Gedanken des Herzens. 7 Lobe keinen Menschen, ehe du nachgedacht hast; / denn das ist die Prüfung für jeden!

Impuls zur Lesung

Dem Leseabschnitt geht in Sir 27,3 die wichtigste Haltung voraus, die der Lehrer Ben Sira seiner Lehre zu Grunde legt: „Hält jemand nicht fest an der Furcht des Herrn, stürzt plötzlich und bald sein Haus zusammen.“ Und ebenso in Sir 25,11: Die Furcht des Herrn übertrifft alles; wer an ihr fest hält – mit wem wird er zu vergleichen sein?“

Darauf bauen die vier Aussagen, die hier getroffen werden, auf. Sie erscheinen wie Antworten auf Fragen, die auch für unsere heutige Welt hilfreich sein können. Eine grundsätzliche Menschenkenntnis wird angezielt. Es stellen sich Fragen, wie:  Wonach beurteile ich andere Menschen? Was sind die Voraussetzungen für ein gutes Leben?

Mit drei sprechenden Bildern lädt der weisheitliche Lehrer seine Zuhörer ein, sich andere Menschen genau anzuschauen und ihnen nicht zu schnell anzuhängen. Er benutzt das Bild eines Siebs, mit dem man den Abfall aussortieren kann. Sodann vergleicht er dieses Bild mit dem Nachdenken über einen Menschen. Er sagt nicht, dass ich am anderen die Fehler suchen soll. Aber im Nachdenken über einen Menschen „entdeckt man den Unrat in seinem Denken“ (Sir 27,4). Das würde heute für mich einschließen, dass ich mich auch selbst in den Blick nehme und frage, was mich in meinem Leben führt und leitet?

Im zweiten Aspekt benutzt Ben Sira das Bild der Töpferware: Wenn der Brennofen das Tongefäß brennt, wird es, wenn es gut gearbeitet ist, nicht zerspringen. Im Vergleich mit dem Menschen ist die Auseinandersetzung mit ihm die Erprobung seiner Echtheit und seiner Gedankenwelt. Hält die Töpferware dem Brennofen stand, stellt sich die Frage beim Menschen, ob er den Herausforderungen seiner Zeit standhaft begegnen kann, ohne dem allgemeinen Trend oder der Mode anzuhängen. Kann ein Mensch auch die Meinungen anderer respektieren und akzeptieren?

Und wenn von den guten Früchten eines Baumes die Rede ist, dann weist das auf den guten Boden hin, auf dem der Baum steht. So offenbart das Wort eines Menschen die Gedanken seines Herzens. Es geht um das Herz des Menschen, mit dem er sich selbst und andere sieht und gelten lässt. „Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.“, heißt es im Evangelium des heutigen Sonntags. (Lk 6,45)

Und der letzte Aspekt dieses Abschnitts fasst die vorhergehenden drei noch einmal zusammen: „Lobe keinen Menschen, ehe du nachgedacht hast; denn das ist die Prüfung für jeden!“ (Sir 27,7). Ohne die Gottesfurcht könnte diese Prüfung jedoch zerstörerisch oder eine Lobhudelei sein. Nach Ben Sira ist wahres Menschsein ohne die Gottesfurcht nicht denkbar.

Wie wichtig wäre es in unserer heutigen Zeit etwas von dem Geist Ben Siras in unseren Entscheidungen zu nutzen. Es könnte jede und jeder einüben, nicht sofort auf Äußerungen von anderen zu reagieren, sondern erst innerlich einen Schritt zurück zu treten und das Gesagte oder Gemeinte auf sich wirken zu lassen. Was dabei auffällt, was fragwürdig ist, aber auch was erfreulich ist, einzuordnen und auch zu fragen, was Gott wohl in dieser Situation will. Das wird dann ein Boden sein, auf dem ein Baum gute Früchte hervorbringen kann.

[1] Johannes Marböck, Das Buch Jesus Sirach in Erich Zenger u.a., Einleitung in das Alte Testament, Verlag W. Kohlhammer, 1996

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