Alle Beiträge von tenambergen

Predigt zu Palmsonntag

von Pfarrer Christoph Scieszka

Foto: Pixabay

Evangelium Lk 19, 28-40

28 Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf. 29 Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus 30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! 31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es.

32 Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. 33 Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los? 34 Sie antworteten: Weil der Herr es braucht. 35 Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf.

36 Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus. 37 Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten. 38 Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!

39 Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! 40 Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche.

Auf den ersten Blick würde man meinen, die Palmzweige, die Prozession, die Passion spielen an diesem Tag eine besondere Rolle.

Als ich die Geschichte vom Einzug nach Jerusalem gerade noch einmal las, kam mir der Gedanke – die „tragende Rolle“ spielt in der Tat eine Eselin!
Warum könnte man fragen?
Meine Antwort: Sie trägt den Herrn!
Auf ihr reitet Jesus in seine Stadt Jerusalem ein – wohlgemerkt auf einer kleinen Eselin, einem einfachen Lasttier und nicht auf einem Reitpferd.

Dieses Bild zeigt Wirkung und verursacht Fragen!
Auf einem Esel zieht man nicht in den Krieg.
Mit einem Esel gewinnt man keine Schlachten.
Ein Esel ist nicht spektakulär.
Wer spektakulär sein will, der muss sich aufs hohe Ross setzen.

Aber solch ein Esel ist wichtig für so viele.
Denn auf einem Esel transportiert man Lasten.
Auf einem Esel bringt man die Ernte nach Hause.
Auf einem Esel schleppt man Wasser aufs Feld.
Ein Esel ist alltäglich – aber genau damit dient er dem Leben und erreicht im Kleinen die Ziele.

Ja, auf einer Eselin reitet unser Herr, um genau dieses Signal zu senden:
Ich komme in friedlicher Absicht!
Ich will nicht herrschen, sondern dienen.
Ich will niemanden in Angst und Schrecken versetzen, sondern ich will Hoffnung bringen – und dem Leben dienen.

Ich habe einmal gelesen, dass man in der Eselin ein Symbol für die Kirche sehen kann, denn der Satz „Der Herr braucht sie“, der damals dieser Eselin galt, gelte heute für die Kirche.

Der Herr braucht sie, die Kirche. Der Herr braucht uns.

Denn so wie diese Eselin damals den Herrn nach Jerusalem bringt, so soll die Kirche heute Jesus zu den Menschen bringen:
Nicht auf dem hohen Ross, sondern auf Augenhöhe.
Nicht mit Pomp und großem Getöse, sondern in Demut und Schlichtheit.
Nicht um die Gefangenen und die Sünder vorzuführen, sondern um sie zu befreien, loszusprechen, zu erlösen, Frieden zu stiften.
Nicht um zu herrschen, sondern allein, um zu dienen.
Jesus zu den Menschen zu tragen, den Heiland, den Erlöser und Freund.

Noch einmal: Diesen König zu den Menschen zu tragen, dass ist damals der Dienst dieser Eselin  – und das ist heute der Dienst einer Kirche, unser Dienst.

Und an diesem Palmsonntag sollten wir uns selbst die Frage stellen: Was „transportieren“ wir denn von Jesus in unseren Alltag, in unsere Welt hinein?

Lassen wir uns einladen vom diesem Jesus, teilzunehmen und teilzuhaben an der kommenden Woche, damit wir den Herrn wirklich kennenlernen können  – als den so ganz anderen König:
Nicht auf dem hohen Ross, sondern auf dem Esel.
Nicht auf dem goldenen Thron, sondern am Kreuz.
Nicht mit Macht und Herrlichkeit, sondern in Ohnmacht, Demut und Liebe,
damit wir von ihm lernen können – und es ihm gleichtun – als Einzelne und als Kirche.

 

<<< zurück zu Ansverus-News 2025-8