von Gemeindereferentin Monika Tenambergen

Lesung: Genesis 18,1-10a
In jenen Tagen 1 erschien der Herr Abraham bei den Eichen von Mamre, während er bei der Hitze des Tages am Eingang des Zeltes saß. 2 Er erhob seine Augen und schaute auf, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Als er sie sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes aus entgegen, warf sich zur Erde nieder 3 und sagte: Mein Herr, wenn ich Gnade in deinen Augen gefunden habe, geh doch nicht an deinem Knecht vorüber! 4 Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen. 5 Ich will einen Bissen Brot holen, dann könnt ihr euer Herz stärken, danach mögt ihr weiterziehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast!
6 Da lief Abraham eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea feines Mehl! Knete es und backe Brotfladen! 7 Er lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges Kalb und übergab es dem Knecht, der es schnell zubereitete. 8 Dann nahm Abraham Butter, Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen, und setzte es ihnen vor. Er selbst wartete ihnen unter dem Baum auf, während sie aßen.
9 Sie fragten ihn: Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er. 10a Da sprach er: In einem Jahr komme ich wieder zu dir. Siehe, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben.
Evangelium: Lukas 10,38-42
In jener Zeit 38 kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. 39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. 40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! 41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. 42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.
Impuls: Gastfreundschaft – Raum für Gott und den Nächsten
Zwei Szenen der Gastfreundschaft stehen heute im Zentrum der Liturgie: Die Lesung aus dem Buch Genesis erzählt von Abraham, der drei Männer empfängt, ohne zu wissen, dass Gott selbst ihn besucht – das wird ihm erst später klar. Im Evangelium hören wir von den beiden Schwestern Marta und Maria, die Jesus in ihr Haus aufnehmen – jede auf ihre Weise. Beide Texte erzählen von Menschen, die offen sind für die Nächsten, die unerwartet vor ihrer Tür stehen. Und beide Texte zeigen, dass Gastfreundschaft mehr ist als nur ein höflicher Empfang: Echte Gastfreundschaft ist ein Ort der Gottesbegegnung.
Die erste Lesung aus dem Buch Genesis zeigt uns Abraham, der in der Mittagshitze vor seinem Zelt sitzt, als sich ihm drei Männer nähern. Ohne zu wissen, wer sie sind, läuft er ihnen entgegen und verhält sich wie ein Diener, indem er sich vor ihnen niederwirft und sie geradezu drängt, nicht an ihm vorbeizugehen, sondern bei ihm einzukehren. Es ist ihm eine Ehre, die Unbekannten bei sich aufzunehmen – und so tut er alles, damit sie sich wohlfühlen. Er gibt ihnen Wasser, um die staubigen Füße zu waschen. Er bringt nicht nur einen Bissen Brot und etwas zu trinken, sondern fährt alles auf, was er zu bieten hat. Die unbekannten Fremden vor der Tür sind keine Last, sondern werden wie Könige behandelt. Gastfreundschaft ist nicht nur eine Höflichkeit, sondern eine Herzenshaltung.
Und dann isst Abraham selbst nicht einmal mit, sondern zieht sich respektvoll zurück und wartet abseits unter einem Baum, während die Gäste essen. Ich frage mich: Warum? Ahnt er schon etwas von einer Gottesbegegnung, die ihn auf Distanz gehen lässt, damit sie ihn nicht überwältigt?
Gott zeigt sich hier auf eine neue Weise. Dieser Gott, vor dem Elija am Horeb sein Gesicht verhüllt,[1] dessen Herrlichkeit zu schauen lebensgefährlich ist,[2] dieser Gott erscheint Abraham in der Gestalt eines Menschen, der in der Mittagshitze einen Ruheplatz und Stärkung sucht, der sich hinsetzt, trinkt und isst.[3] Dieser Gott begegnet Abraham mitten im Alltag, sucht Nähe und Beziehung. So wird die Gastfreundschaft Abrahams zu einer überraschenden Begegnung mit dem Heiligen – einem Ort der Gotteserfahrung.
Im Evangelium begegnen wir dann den beiden Schwestern Marta und Maria. Beide nehmen Jesus freundlich bei sich auf, doch sie könnten ihre Gastfreundschaft nicht unterschiedlicher zum Ausdruck bringen.
Marta sorgt sich – ähnlich wie Abraham – um das leibliche Wohl ihres Gastes und ist davon vollkommen in Anspruch genommen. Sie gibt alles, was sie hat. Sie kocht, sie richtet her, sie möchte Jesus perfekt bewirten. Dabei wächst ihr die ganze Arbeit über den Kopf und sie verliert darüber die Beziehung zu ihrem Gast. So ist sie nur noch mit sich selbst beschäftigt. Maria dagegen setzt sich zu Jesus und hört ihm zu. Sie schenkt ihm ihre ganze Aufmerksamkeit und vertieft sich in das Gespräch mit ihm.
Diese Rollenverteilung führt zu Spannungen. Marta fühlt sich überfordert mit dem Anspruch, den sie an sich selbst stellt. Sie versucht, Jesus auf ihre Seite zu ziehen. Doch Jesus sieht, dass Marta sich verliert und lädt sie mit seiner Antwort ein, innezuhalten und einen Schritt kürzer zu treten. Ich verstehe seine Antwort nicht als Tadel, sondern als Zuspruch: Marta muss kein 5-Gänge-Menü auf den Tisch zaubern, um eine gute Gastgeberin zu sein. Ein Einfaches, mit Liebe zubereitetes Essen tut es auch. Das Verständnis der beiden Schwestern von Gastfreundschaft muss nicht gegeneinander ausgespielt werden. Gastfreundschaft zeigt sich sowohl in der Sorge für den Gast als auch im Zuhören und im Zeit haben. So stärkt sie dem anderen das Herz.[4]
Was können wir aus den beiden Erzählungen lernen? Erstens: Gastfreundschaft kann zu einer Begegnung mit dem Heiligen werden. Zweitens: Gastfreundschaft ist gelebte Nächstenliebe, indem Sie den anderen in den Mittelpunkt stellt. Drittens: Gastfreundschaft beginnt nicht mit einem aufgeräumten Haus oder einem perfekt gedeckten Tisch, sondern mit der richtigen Herzenshaltung. Viertens: Vergiss die Gastfreundschaft nicht – Du könntest Engel beherbergen.[5] Und schließlich fünftens: Gastfreundschaft ist etwas Wunderschönes!
[1] 1 Kön 19,13
[2] Ex 33,20-23: Mose darf die Herrlichkeit Gottes schauen, nachdem er an ihm vorübergezogen, denn kein Mensch kann Gott schauen und am Leben bleiben.
[3] vgl. https://www.in-principio.de/sonntags-lesungen/lesung/1.-Lesung-Gen-181-10a/
[4] Gen 18,5
[5] Hebr 13,2