von Gemeindeassistentin Judith Zehrer
Evangelium: Mt 18, 15-20
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.
16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.
17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.
18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.
19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.
20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Geistlicher Impuls
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, …“
Wer kennt ihn nicht, diesen Satz? Vermutlich kann jeder, der diese Zeilen liest, auch den Rest des Bibelzitates auswendig hinzufügen.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das gleichnamige Lied, gefühlt seit meiner Taufe, in den Ohren klingen habe, und es mir manchmal auch aus eben diesen heraushängt. Das ist schade! Denn nach längerem Betrachten spricht aus diesen vermeintlich einfachen Worten eine Wahrheit, die es wert ist, sich ihrer immer wieder zu vergewissern.
Schauen wir einmal an den Anfang der Jesusrede: „Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht!“ Das hört sich zunächst sehr barsch an. Ich finde diese Aussage dennoch sehr entlastend, denn wenn etwas vorgefallen ist, dann soll der erste Schritt immer das Gespräch mit dem anderen zu zweit sein. Ich wende mich direkt an den, der mich oder meine Rechte verletzt hat oder dessen Tun mir missfällt, und nicht an eine dritte Person. Das ist wirklich wichtig, um eine gesunde Beziehung zu anderen und in Gruppen zu erhalten. Vieles lässt sich auf diesem Wege direkt klären, ohne dass es gleich andere Menschen mitbelastet.
Dieser Umgang zeugt von einem gesunden Respekt vor dem anderen. Hier hilft uns der Römerbrief: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Röm 13,9) Auch diesen Satz kennen wir, wie aus der Westentasche. Auch wenn seine Bedeutung klar erscheint, kann man lange über ihn nachdenken. Übersetzt könnte er lauten: Ich stelle meine Bedürfnisse nicht vorne an, sondern sehe die des anderen als gleichberechtigt an. Das ist nicht so leicht. Aber auch hier hilft uns der Römerbrief: „Niemandem bleibt etwas schuldig, außer der gegenseitigen Liebe!“ (Röm 13,8). Auch wenn es schwer erscheinen mag, allen Menschen ein Leben lang etwas schuldig zu sein und dies nie abgelten zu können: es klingt paradox, aber diese Schuldigkeit macht frei! Ich bin frei davon, mir ständig Gedanken über mein Verhalten anderen gegenüber zu machen, denn ich weiß, die Liebe steht immer an erster Stelle. Wenn ich mich daran halte, erfülle ich alle Gesetze, die Gott jemals gemacht hat.
Jesus spricht noch weiter und verweist auf die Gemeinde als die letzte Instanz. Für heutige Ohren ist es vielleicht ungewohnt, dass die Gemeinde überhaupt eine Instanz ist. Aber ja, Gemeinde ist mehr als nur eine Ansammlung von Gläubigen, Gemeinde ist „kein Kulturverein, sondern die Familie Jesu!“ (Papst Franziskus). Wir sind miteinander verbunden, schätzen einander, haben Verantwortung füreinander und Respekt voreinander. Wir gehören zusammen.
Und nun kommen wir wieder zu unserer altbekannten Liedzeile „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“.
Es geht darum, einmütig zu sein. Das heißt nicht, dass wir alle derselben Meinung sein müssen. Es heißt, zu fühlen, dass wir eins sein können, ohne Vorbehalte gegeneinander, ohne Angst voreinander, sondern vertrauensvoll miteinander, einander liebend. Das geht. Gott kann das. Immer.