von Gemeindereferentin Marita Kremper
Evangelium: Joh 2,13-25
13 Das Paschafest der Juden war nahe und Jesus zog nach Jerusalem hinauf.
14 Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen.
15 Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern; das Geld der Wechsler schüttete er aus, ihre Tische stieß er um
16 und zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!
17 Seine Jünger erinnerten sich, dass geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren.
18 Da ergriffen die Juden das Wort und sagten zu ihm: Welches Zeichen lässt du uns sehen, dass du dies tun darfst?
19 Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.
20 Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten?
21 Er aber meinte den Tempel seines Leibes.
22 Als er von den Toten auferweckt war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.
23 Während er zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat.
24 Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle
25 und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen; denn er wusste, was im Menschen war.
Impuls
Heute lernen wir Jesus von einer anderen Seite kennen: Er räumt auf. All die Händler von Schafen, Rindern und Tauben und die Geldwechsler treibt er aus dem Tempel hinaus. So kennen wir Jesus nicht. Sonst ist er doch der Barmherzige, der Heiler, der Helfer in den Nöten der Armen und Benachteiligten …
Alle vier Evangelisten berichten von dieser Begebenheit im Leben Jesu. Bei Matthäus, Markus und Lukas heißt es kurz vor der Leidensgeschichte noch: „Er sagte zu Ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.“[1]
Johannes aber beginnt seine „frohe Botschaft“ mit dem leidenschaftlichen Einsatz Jesu für das Heiligtum der Juden: den Tempel. Bereits im zweiten Kapitel seines Evangeliums erzählt er von diesem auffällig anderen Zupacken Jesu. Und zusätzlich entwirft er ein neues Bild für den Tempel: „Er aber meinte den Tempel seines Leibes.“
Franz Kamphaus spricht in seinem neuen Buch „Der Unbekannte aus Nazareth“[2] von einer Revolution des Opferverständnisses. „Jesus selbst ist der wahre Tempel: Jesus opfert nicht irgendetwas, sondern sich selbst.“[3]
Bei unserem Bibel-Teilen am vergangenen Dienstag hatten wir ebenfalls diesen provokanten Text. Dabei kamen wir im Gespräch auf Verbindungslinien dieses Textes zu anderen Stellen im Johannes-Evangelium und zu einer Stelle im Brief des Apostels Paulus an die Korinther. Davon möchte ich einiges hier anführen.
Im Prolog des Johannes heißt es: „Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“[4] Bereits in diesen ersten Zeilen des Johannes-Evangeliums wird deutlich, dass dies keine leichte Kost ist. Die Welt – auch unsere Welt heute, trotz 2.000 Jahren Erfahrung – versteht diese Botschaft nicht, erkennt Jesus nicht.
Das erfasst Jesus. Er kennt die Menschen und durchschaut, wer und wie sie sind. Darum vertraut er sich ihnen nicht an. Er weiß, dass seine Botschaft keine „softe“ Geschichte ist, der man einfach folgen kann, nur weil man die Zeichen gesehen hat, die er tut. In unserem Bibelgespräch sagte jemand, es wird deutlich, dass zwischen den Händlern im Tempel und der Botschaft Jesu ein riesiger Abstand ist, der nicht so einfach zu überbrücken ist.
Seine Jünger erleben dies anders. Sie erinnern sich nach der Auferstehung an Jesu Worte und sie glauben der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hat.
Dieser Satz erinnerte uns an ein weiteres Wort aus dem Johannesprolog: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.“[5] Wer Jesu Worten glaubt wie die Jünger, auch gegen alle intellektuellen oder emotionalen Argumente, und sich auf sie einlässt, wer Gott also aufnimmt, der wird ein Kind Gottes werden und er/sie wird erfahren, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein.
Ein starkes Bild-Wort ist in diesem Sonntagsevangelium der Leib als Tempel. Dazu ist uns der Heilige Paulus eingefallen, der seiner Gemeinde in Korinth schreibt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“[6]
Nicht nur der Leib Jesu war ein Tempel des Heiligen Geistes, sondern auch unser Leib ist ein solcher Tempel. Die Frage stellt sich nur: Wie gehen wir mit diesem Leib als Tempel um? Erleben wir nicht oft genug, dass unser Leib ein nützliches Werkzeug ist, das zu funktionieren hat? Und wehe, er macht mal nicht, was er soll, ist krank, hat Schmerzen, Beschwerden und vieles mehr. Sind wir dann so liebevoll zu unserem Leib, dass es uns bald wieder gut geht? Teresa von Avila soll einmal gesagt haben: Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Freude hat darin zu wohnen.
Vielleicht ist das die Tempelreinigung meines Leibes! In diesem Sinne kann dies auch ein gutes Bild-Wort für meine Fastenzeit sein. Fasten nicht, um den Leib zu kasteien, sondern um mich nicht durch Fernsehen, Internet und Social Media, durch Alkohol und andere Rauschdrogen, durch zu viel Arbeit oder Süßigkeiten ablenken zu lassen von der spürbaren Wahrnehmung meines Leibes, meiner Befindlichkeiten und Handlungsweisen. Im Fasten werde ich sensibler für die eigenen inneren Haltungen, für die Beschwerden des Leibes, für die Überforderung … aber auch für das, was mir guttut. Ich kann mir in dieser Zeit vornehmen, mir selbst mehr Zeit zu schenken, um diesen inneren Bewegungen auf die Spur zu kommen. Die Gehetztheit unserer Zeit lässt eigenes Nachdenken und Erspüren der Dinge, die „mir“ wichtig sind, nicht zu. Das Hören auf mein Inneres und meine eigene innere Stimme kann zu einer Neuausrichtung werden. Sich dabei auch mit vertrauten Menschen auszutauschen oder seelsorgliche Begleitung zu suchen ist oft hilfreich. In Zeiten der Ruhe und Besinnung kommt auch der Leib zur Ruhe und vieles – sicher nicht alles – ordnet sich wie von selbst.
[1] vgl. Mt 21,13 / Mk 11,17 / Lk 19,46
[2] Patmos-Verlag
[3] S. 84
[4] Joh 1,10-11
[5] Joh 1,12-13
[6] 1 Kor 6,19-20