Geistlicher Impuls

von Gemeindereferentin Judith Zehrer

Foto: Pixabay

 

Evangelium: Johannes 10, 27–30

In jener Zeit sprach Jesus:
27 Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. 28 Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. 29 Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen. 30 Ich und der Vater sind eins.

 

Geistlicher Impuls

Das Bild vom Hirten und seinen Schafen ist uns wohlbekannt, auch wenn wir heute eher selten dieses Zusammenspiel von Mensch und Tieren auf den Feldern und Wiesen antreffen. Ein Schaf findet sich nie allein, und sieht man einen Hirten, spürt man, dass er all seine Schafe im Blick hat, sie führt und behütet. Auch wenn Schafe manchmal als dumm bezeichnet werden, wissen sie: Nur gemeinsam sind wir stark – und es gibt jemanden, dem wir vertrauen können, jemanden, der uns dorthin bringt, wo es uns gutgeht. Ich finde es beeindruckend, dass Schafe die Stimme ihres Hirten aus allen Stimmen der Welt heraushören können und ihr folgen, komme was wolle.

Jesus sagt im heutigen Evangelium: „Meine Schafe hören auf meine Stimme, ich kenne sie und sie folgen mir“ (Joh 10,27).

Kenne ich die Stimme Gottes? Würde ich sie aus dem Lärm des Alltags heraushören und ihr folgen? Ich finde, wir sollten diese Fragen nicht leichtfertig beantworten. Hören hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Und ich habe das Gefühl, dass es heute vielen Menschen schwerfällt, zu vertrauen. Wir machen die Dinge doch lieber selbst und haben unsere eigenen Pläne. Und wenn wir zuhören wollen, dann schieben sich oft Gedanken, Zweifel, Ängste und Sorgen zwischen das Gesagte und das Gehörte. Es ist schwierig, das auszuschalten. Wir sind gerne immer schon einen Schritt voraus und überlegen, was wir antworten können. Hauptsache, es entsteht keine Lücke in der Kommunikation, kein betretenes Schweigen, keine Blöße gegenüber dem Anderen. Aber Worte sind nicht alles. Es gibt Menschen, die sehr gut reden können und es gibt Menschen, die ständig nach Worten ringen. Schnell sind wir dann dabei, die Menschen danach zu bewerten und abzustempeln. Dabei geht es in der Kommunikation weniger um das Reden, als vielmehr um das Nichtgesagte: um das, was zwischen den Zeilen mitschwingt, um das Sehen und Hören des Anderen, um das Vertrauen in den Anderen.

„Sei still und erkenne, dass ich Gott bin“ (Ps 46,11).

Vor dem Sprechen kommt das Hören auf die Stille. Hören heißt, in der Gegenwart zu sein und die Tiefe der Seele zu erspüren. Ich glaube, dass wir da Gott hören können – nicht mit den Ohren, sondern mit dem Herzen. Als Gott König Salomo einen Wunsch gewährte, bat dieser nicht um ein langes Leben, Reichtum, Ruhm oder Macht, sondern um ein hörendes Herz (1 Kön 3,9).

Wie wäre es, wenn wir uns weniger von unseren Kopf leiten lassen würden als von unserem Herzen? Das Herz ist begabt und berufen, die Wahrheit zu hören und ihr vertrauend zu folgen.

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