Geistlicher Impuls zum 25. Sonntag im Jahreskreis

Zu folgendem Lesungstext:
2. Lesung: 1 Tim 2,1-8

1 Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen,
2 für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben, damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können.
3 Das ist recht und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter;
4 er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.
5 Denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und Menschen: der Mensch Christus Jesus,
6 der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle, ein Zeugnis zur vorherbestimmten Zeit,
7 als dessen Verkünder und Apostel ich eingesetzt wurde – ich sage die Wahrheit und lüge nicht –, als Lehrer der Völker im Glauben und in der Wahrheit.
8 Ich will, dass die Männer überall beim Gebet ihre Hände in Reinheit erheben, frei von Zorn und Streit.

Was bringt es denn, wenn ich bete? Gott weiß doch eh alles.
Vor ein paar Jahren hätte ich diese Aussage noch unterschrieben. Lange Zeit war es für mich schwierig einen Zugang zum Beten zu finden. Wenn Gott alles sieht und weiß, was soll dann mein kleines Gebet ausrichten?
Es hat viele Gespräche, Erfahrungen und viel Ausprobieren gebraucht, um für mich zu erkennen, was Beten eigentlich genau bedeutet.
Beten kann man nicht verlangen oder erzwingen. Beten ist auch kein Ablesen oder Aufsagen. Beten ist Dialog. Und zum Dialog gehören immer zwei. Ich lebe und bete in Beziehung mit Gott. Beten braucht mich, in meiner ganzen Tiefe. Und es braucht Gott. So banal sich das anhören mag.
Für Gott bin ich relevant. Also ist mein Gebet auch relevant.
Paulus fordert zu Bitten, Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf. Es gibt ganz viele unterschiedliche Formen des Gebets. Was aber bei allen gleich ist, das ist der Dialog. Ich kann viele Worte losschicken, darf aber das Zuhören nicht vergessen. Das klingt erstmal ziemlich plausibel und simpel, aber die Fähigkeit wirklich zuhören zu können, ist eher rar geworden in unserer Gesellschaft, finde ich. Zuhören ist nichts Passives, es ist zutiefst aktiv und vielleicht sogar der schwierigere Part im Gespräch. Zuhören verlangt Liebe, Interesse und Respekt dem anderen gegenüber. Zuhören verlangt mitunter auch, seine eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen.
Beten heißt: Gott zuhören.
Puh, das hört sich doch recht kompliziert an. Ich muss zugeben, das ist ein Weg, den auch ich immer wieder neu entdecke. Meine geistliche Begleiterin sagte einmal: wenn das Beten schwerfällt, dann ist es nicht der richtige Weg, den ich für das Beten gewählt habe. Beten funktioniert einfach, direkt, ad hoc. Man muss nur den richtigen Telefonhörer finden.
Beten ist so vielfältig, wie es Menschen gibt. Der eine horcht auf den Klang seines Herzens, die andere nimmt Schönheit wahr, ein anderer tanzt mit der Seele, die andere singt mit dem Herzen, der andere betrachtet in Liebe…
Die Art und Weise zu beten kann sich auch mit den Lebensphasen ändern. Es kommt vor, dass ich mal das Gefühl habe, ins Leere zu sprechen oder dass der Telefonhörer irgendwie nicht abgenommen wird. Da heißt es: nicht verzweifeln oder gar aufgeben! Es wird sich ein neuer Weg finden, ein neuer direkter Draht. Ich kann nur sagen: es lohnt sich, sich dem Ungewohnten zu stellen und Herausforderungen anzunehmen. Denn niemand ist uns so nah wie Gott.
Judith Zehrer (Gemeindeassistentin)

<< zurück zu Ansverus-News 2022-37