von Pastor Stefan Krinke
Evangelium: Mt 22,1-14
In jener Zeit erzählte Jesus den Hohepriestern
und den Ältesten des Volkes das folgende Gleichnis:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen.
Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Siehe, mein Mahl ist fertig, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit.
Kommt zur Hochzeit!
Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um.
Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren nicht würdig. geht also an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein!
Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.
Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hereingekommen? Der aber blieb stumm.
Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Denn viele sind gerufen, wenige aber auserwählt.
Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis A
In einem Kinder- und Jugendlied heißt es:
„Aus den Städten und aus Dörfern, von ganz nah und auch von fern, mal gespannt, mal eher skeptisch, manche zögernd, viele gern, folgen wir den Spuren Jesu, folgen wir dem, der uns rief, und wir werden selbst zu Boten, dass der Ruf noch gilt, der lief: Eingeladen zum Fest des Glaubens.“
In vielen Liedern wird immer wieder die Einladung Gottes an uns besungen. Sie gründet auf verschiedene Bibelstellen, die davon erzählen, dass Gott sich uns mit dieser Einladung zuwendet. Die verwendeten Bilder, Vergleiche dafür sind unterschiedlich. Heute hören wir in der 1.Lesung von einem Festmahl und im Evangelium von einem Hochzeitsmahl.
Jesaja malt in seiner Apokalypse ein großes Bild vom Festmahl der Völker auf dem Berg Zion und der Rettung der Völker durch unseren Gott. Es ist ein Bild der Freude über das Heil, das Gott schenkt und zu dem alle Völker eingeladen sind – auch wir. Allerdings, in diesen Tagen des Krieges in Israel/Palästina gehen mir ganz andere Gedanken durch den Kopf…
Matthäus greift das Bild des Hochzeitsmahles in einem Gleichnis auf, was uns ganz schön herausfordert. Kaum ein Drehbuch nimmt so rasante Wendungen und man muss wohl sagen brutale Entwicklungen, wie dieses Gleichnis. Und dabei soll es doch eine Parabel vom Himmelreich sein. So ist es nicht verwunderlich, dass Martin Luther dieses Gleichnis als „schrecklich Evangelium“ bezeichnet hat. Gute Nachricht und Frohe Botschaft, hören sich anders an.
Gibt es in diesem Gleichnis, das vom Himmelreich handelt, nicht zu viele Verlierer, Enttäuschte, Leute, die ihre Chance versäumen, Menschen, die zu Mördern werden…?
Und dabei hat es doch im wahrsten Sinne des Wortes, einladend begonnen. Allerdings löst das Werben des Königs Gleichgültigkeit und Aggression aus. Die, die geladen waren, verpassen sogar eine zweite Chance und werden zu Mördern an den Überbringern der Botschaft.
Für mich ist erstaunlich, dass der König nicht aufhört mit dem Einladen. Er möchte das große Fest für seinen Sohn. Und so finden andere Platz an der Hochzeitstafel, Menschen vermutlich, die von der Einladung völlig überrascht sind.
Es ist müßig, zu überlegen, wer denn die Gäste gewesen sein könnten, die der ursprünglichen Einladung nicht gefolgt sind. Wie immer eine Antwort ausfallen würde, eines ist gewiss: Es gibt im Leben viele Möglichkeiten, den richtigen Augenblick zu verpassen. Die Warnung an die Hörerinnen und Hörer, ist unmissverständlich und nicht zu überhören. Und hinzukommt: die Annahme einer Einladung ist noch kein Garantieschein. Das Mittun ist erforderlich. Mit der anschließenden Episode vom Gast ohne Hochzeitskleid soll sozusagen einem Missverständnis gewehrt werden, dass durch die wahllose Einladung der Ungeladenen entstehen konnte, nämlich, als ob es auf das Verhalten der Menschen, die eingeladen werden, überhaupt nicht ankomme.
Dieses Evangelium wurde wahrscheinlich noch nie bei einer kirchlichen Trauung gelesen. Es wird uns aber heute gesagt und zugemutet.
Und so könnte es sein, dass es mich anregt auf jene Lebenssituation(en) zu schauen, durch die mir klar wird: weil ich irgendwann einer Einladung zum eigenständigen Handeln gefolgt oder eben nicht gefolgt bin, deshalb verläuft mein Leben so, wie es läuft.
Anregend ist vielleicht auch die Frage: Hätte ich, wenn ich der Einladende wäre, bei den vielen Absagen nicht die Feier abgesagt oder ganz beschaulich im kleinen Kreis gefeiert? Wäre ich überhaupt auf die Idee gekommen, von der Straße weg, die Leute zum Fest einzuladen?
In den pastoralen und wirtschaftlichen Überlegungen dieser Tage zur Zukunft von Gemeinde und Kirche stellt sich die Frage genauso.
Natürlich wollen wir eine einladende Kirche, eine Gemeinde mit großer Offenheit sein. Doch ungeklärt ist und bleibt das Wie? Wie, schaffen wir es, wie erreichen wir den, der mit gar keiner Einladung rechnet? Oder, wie möchte ich selbst eingeladen werden? Vermutlich: persönlich, von Angesicht zu Angesicht, darauf achtend, dass man selbst auch mit seinen Anliegen und Fragen ernst genommen wird. Kann das die Kirche von heute? Können wir das?
Vor unserer „gemeindlichen Rechenschaftslegung“ und dem hoffentlich weiteren Suchen nach Zugängen und Wegen sollten wir eine Antwort geben auf die alles entscheidende Frage: Haben wir, habe ich noch ein „Ohr“ für die Einladungen Gottes an uns, an mich? Denn die Einladungen Gottes zum „Fest des Glaubens“ hören nie auf!