von Pastor Stefan Krinke
Die Krippen bekommen zum Fest der Erscheinung des Herrn einen Hauch an Exotik: die Heiligen Drei Könige mit ihren Gaben und mit ihrem Tross von aufgeputzten Pferden und Kamelen rücken ins Bild. Zwar ist in der Schrift nicht gesagt, dass es Könige, noch dass es drei, noch dass es Heilige waren. Aber das hindert weder die begeisterte Phantasie noch die fromme Kunst, die seltsame Geschichte auszuschmücken und sie bis heute als Fest der heiligen drei Könige liebenswert zu machen.
Die merkwürdigen Fremden sind Symbolfiguren, so hat jemand gesagt, für eine Haltung, eine Haltung, die aus dem Bekannten und Gewohnten aufbricht und in unbekanntem Terrain den unbekannten Gott sucht. Die Weisen machen mich auf einen Aspekt des Glaubens aufmerksam, den man so benennen könnte: „Wer glauben will, muss sich bewegen lassen!“
Es ist die Haltung, die wir bei Abraham finden. Er lässt sich herausrufen aus seiner vertrauten Heimat. Es ist die Haltung der Israeliten, die einen Exodus wagen, weg von den Fleischtöpfen Ägyptens. Vielleicht ist es auch die Haltung, zu der der Evangelist Matthäus ermuntern wollte in einer Zeit, die die ersten Aufregungen des Neuen schon hinter sich hatte. Routine war eingekehrt und Alltag und Ermüdung.
Und damit wären wir bei uns, mit den sich daraus ergebenden Fragen: Genügt es, im Gewohnten zu bleiben, im Vertrauten, Liebgewordenen, im Bewährten? Gibt es da nicht die Gefahr, zu erschlaffen, abzustumpfen, sich einzurichten, oberflächlicher, gleichgültiger zu leben?
Geht es doch darum, mich innerlich anrühren, mich bewegen zu lassen durch die Sehnsucht, die Gott uns mit der Geburt seines Sohnes ins Herz legt. Wir dürfen auf der Suche sein nach den „Sternen oder Lichtern der Hoffnung“.
Bewegung allein macht es natürlich nicht. Mobil sind wir ja bereits, sichtbar u.a. an der „Mobil-Funk-Nummer“, die wir vermutlich auswendig kennen; ständig erreichbar, wenn wir es wollen. Aber das kann auch dazu führen, dass wir immer „zerfahrener“ werden, uns verheddern im schnell, schnell, schnell.
Und so folgen wir mitunter Sternen, die nur Irrlichter sind, vielleicht Leuchtfeuer der Macht, des Reichtums, des Egoismus. Auch die Weisen konnten nicht sicher sein. Der wahre Stern zeigt sich nicht immer. Es gibt Zweifel bei ihnen: „Wo ist denn der neugeborene König?“ Was sie sehen, ist ein armes Kind armer Leute. Die Frage wird an uns weitergereicht: Was sehen wir? In diesem Jahr vielleicht ein Kind, welches in den Trümmern des Krieges das Licht der Welt erblickt?
Und dennoch: Wer sich versenkt in dieses Kind, wer sich anrühren lässt vom göttlichen Geheimnis, der entdeckt das Wunder, der hat sozusagen seine Erscheinung. Diese besagt: Jesus Christus ist arm geworden, damit wir reich werden. Er ist ein Heruntergekommener, damit wir hinaufkommen in die ewige Heimat, ins wahrlich Gelobte Land.
Die Weisen haben das gespürt und geben ihre Schätze hin. Und wir sind gefragt, was wir denn hergeben wollen, wenn uns die Herrlichkeit des Herrn aufgegangen ist.
In der diesjährigen Sternsingeraktion, die unter dem Leitwort steht: „Gemeinsam für unsere Erde – in Amazonien und weltweit“, werden in einem Anspiel die Kinder eingeladen, als heutige Weisen ihre Gaben zu bringen. Das erste Geschenk ist ein Baum. Er steht für den Schutz der Regenwälder. Das zweite Geschenk ist eine Flasche aus recyceltem Material. Das dritte Geschenk ist eine Taschenlampe mit einer Kurbel und steht stellvertretend für jene Technik, die die Umwelt schont. Und sie haben sogar noch ein viertes Geschenk dabei: „Nichts“ – das Geschenk des Verzichts.
Die Weisen, so hören wir, fallen nieder und huldigen dem Kind. Es verändert sie, ihre Haltung, ihre Verantwortung für die Menschen, für die Welt. Mit den Sternsingern von heute ergänzen wir: für die Schöpfung. Wer aber Anbetung und Nachfolge versucht – und mögen die Versuche manchmal noch so zaghaft und kümmerlich sein – der wird gewandelt und geht, wie die Weisen, auf einem anderen Weg zurück in sein Land, in seine Lebenssituation, in das Ermüdende, das Gewöhnliche, das Alltägliche, und zu den konkreten Mitmenschen. Sie dürfen sich als Beschenkte sehen, die nach neuen Maßstäben leben.
Mögen wir am Ende der Weihnachtszeit die Heiligen Drei Könige von unserer Krippe ruhig wieder in ihre Kiste packen wie die übrigen Krippenfiguren auch. Wichtig ist und bleibt, dass ein wenig von ihren Haltungen, ihrem „Sich-Bewegen-Lassen“, ihrem dankbaren Schenken, ihrem „Sich-wandeln-lassen-vom-Göttlichen“ bis hin zum Gehen neuer, anderer Wege des Alltäglichen in uns lebendig bleiben. Die diesjährigen Sternsinger können uns daran erinnern, wo immer wir ihnen begegnen.